Schlagwörter

, , , , , , ,

In der letzten Blog-O-Quest ging es um das Thema „Dunkle Geheimnisse“, und eigentlich wollte ich unter Frage 4 („Hast Du schon einmal ein dunkles Geheimnis eines anderen Charakters (Spielers) gelüftet?“) nur kurz berichten, was diesbezüglich jüngst in meiner auslaufenden D&D-Kampagne „Das Buch von Al’Barak“ geschehen ist – da diese bald enden wird, ist es an der Zeit, noch das eine oder andere (dunkle) Geheimnis zu lüften. Als ich die Antwort aber schrieb, merkte ich zum einen, dass es den Rahmen der Blog-O-Quest-Frage sprengen würde, und zum anderen, dass ich dabei war, mich in Rage zu schreiben.

Deshalb hier als gesonderter Beitrag. Ich muss mir ein wenig Frust von der Seele schreiben!

Ein „Mini-Rant“ an Teile meiner Spieler.

Wie bereits letzte Woche geschrieben sehe ich es als Spielleiter fast schon als meine Pflicht an, die dunklen Geheimnisses der Charaktere meiner Spieler irgendwann im Laufe einer Kampagne zu lüften, denn die Geheimnisses sind meiner Meinung nach schließlich dazu da, Handlungsstränge um die Charaktere herum zu weben. Ich sehe Geheimnisse, die sich meine Spieler für ihre Figuren überlegen, neben anderen Dingen als „Flaggen“ an, die mir signalisieren sollen, welche Art von Geschichte die Spieler erleben möchten.

So hatte sich einer der beiden Magier der Gruppe, der sich eigentlich auf die Schule der Beschwörungen spezialisiert hatte, vor ein paar Stufen ziemlich intensiv der Nekromantie zugewandt: er hatte entsprechende Zaubersprüche erlernt, er hatte die aus dem alten AD&D-Quellenbuch „Libris Mortis“ stammende Prestigeklasse des „Pale Masters“ angenommen und er hatte sich ein mächtiges Artefakt zugelegt, welches das TW-Limit für das Tote Beleben von Skeletten und Zombies aufweicht.

Nun kam es zu einem Encounter, bei dem er dieses Geheimnis preisgeben musste – die Truppe musste gegen einen (eigentlich übermächtigen) roten Drachen antreten, konnte sich hierfür jedoch unterschiedliche Unterstützung sichern. Ein Vorschlag, den die Prophezeiung aus dem namensgebenden Buch von Al’Barak gemacht hatte, war es, ein altes Drachenskelett wiederzubeleben und gegen den roten Drachen ins Feld zu schicken. Das war natürlich kein Problem für den Magier, er musste dabei jedoch sein recht mächtiges, nekromantisches Können offenbaren. Das Skelett wurde belebt und kämpfte an der Seite der Charaktere gegen den Drachen.

Als der rote Drache dann besiegt war, stellte einer der Charaktere die Frage, ob es dem Magier jetzt auch möglich wäre, auch den Körper des roten Drachen wieder zu beleben, um damit gegen den eigentlichen Feind — eine Armee aus bösen Elfen, welche die Stadt belagert, in der sich die Charaktere zurzeit aufhalten — zu Felde zu ziehen. Gesagt, getan: der leblose Drachenkörper wurde kurzerhand in einen übermächtigen Zombie verwandelt …!

Überaus enttäuschend fand ich die Reaktion der anderen Spieler bzw. ihrer Charaktere auf dieses Ereignis – sie schwankte irgendwo zwischen „nicht vorhanden“ und so etwas wie „Bewunderung“ für die Macht, die der Magier inzwischen besitzt. Hmm … Nekromantie und das Erschaffen eines (mächtigen) Untoten ist für mich einer der Inbegriffe des Bösen, aber niemand äußerte irgendwelche Bedenken oder wenigstens Skrupel, am allerwenigsten die drei guten Charaktere!

Echt jetzt?

RTFC!

„Read the f*cking character sheet“, da steht so etwas wie „Gesinnung“ drauf. Schon vergessen?

Noch nicht einmal der elfische Waldläufer hat sich gemuckt, obwohl unter anderem „Untote“ zu seinen Erzfeinden gehören. Warum das so ist, haben wir sogar mal in einer Rückblende ausgespielt: als der Waldläufer noch jung war, wurde dessen Bruder von Untoten getötet und anschließend von einem Nekromanten in einen Zombie verwandelt – und unser junger Elf hatte keine andere Wahl, als mitzuhelfen, seinen Zombie-Bruder ein weiteres mal zu töten. Und nun hat man einen Nekromanten in der eigenen Gruppe, der selber mächtige Zombies erschaffen kann, und dies ruft keine traumatischen Kindheitserinnerungen wach?

*grmpf*

Dann ist Dein Charakter-Background wohl für die Tonne …!

Nein, ich bin niemand, der Gesinnungen bei jeder Aktion auf die Goldwaage legt oder ausdiskutiert, ob denn zum Beispiel eine kleine Lüge mit einer rechtschaffen guten Gesinnung konform geht (was sie meiner Meinung nach tut). Ich verlange auch nicht, dass die drei guten Charaktere ihre Waffen zücken und den (augenscheinlich bösen) Nekromanten angreifen oder aus der Stadt jagen.

Aber so gar keine Reaktion …?!?!

Zumal der Vorschlag, den Körper des Drachen in einen Zombie zu verwandeln, ebenfalls von einem guten Charakter kam — aber das nur am Rande.

Ich habe mir im Anschluss Feedback vom Spieler des Magiers eingeholt, der ebenfalls ein wenig enttäuscht darüber war, dass die Offenbarung seines lang gehüteten Geheimnisses fast wirkungslos verpufft ist, und dass sich die anderen Spieler so gar nicht für die Motive seines Charakters interessieren.

Ein zweites Feedback habe ich mir von einer eher unbeteiligten Spielerin eingeholt – „unbeteiligt“ deshalb, weil sie mit ihrem Charakter zwar ebenfalls in dieser Situation anwesend war, ihre Kämpferin jedoch chaotisch neutral ist und somit die Situation aus einer anderen Perspektive sieht (denn ihr würde ich eine „Wow“-Reaktion tatsächlich zugestehen). Sie schrieb, dass sich auch die „guten“ Charaktere ja zurzeit in einer Ausnahmesituation befinden, in der doch jeder anders als normal reagiere. Immerhin müsste man bedenken, dass es darum geht, eine ganze Stadt und ihre Bewohner vor einer übermächtigen Elfenarmee zu retten, und da könnte es durchaus legitim sein, dass auch gute Charaktere in der Wahl der Mittel etwas „flexibler“ werden …

Ist natürlich ein valides Argument und läuft auf die klassische „Der Zweck heiligt die Mittel“-Diskussion hinaus. Aber genau diese Diskussion und diese Argumente hätte ich mir am Spieltisch gewünscht! Jemand, der Zweifel daran anmeldet, ob das, was man gerade tut, „gut“ und richtig ist. Jemand, der hinterfragt, was der Magier denn dort macht. Jemand, der Skrupel hat oder Bedenken äußerst. Jemand, der mit seinem Gewissen hadert. Jemand, der auf den Magier zugeht und sagt: „Diesmal lasse ich Dich mit Deiner bösen Magie gewähren, aber sei gewiss, dass ich Dir danach auf die Finger gucken werde.“

Aber so ist das alles nur eine vertane Chance auf spannendes Rollenspiel und eine gute Story gewesen.

Puff.

 

P.S.: Ich denke, ich werde den Spieler des elfischen Waldäufers beim nächsten Mal darauf aufmerksam machen, was so in seinem Hintergrund steht. Läuft dann wohl auf den berühmten „Wink mit dem Gartenzaun“ hinaus, aber anders geht es wohl nicht …