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Ein (kurzer) Bericht über die vier Demorunden, an denen ich letzte Woche Samstag und Sonntag auf der RPC in Köln teilgenommen hatte. Über die Rahmenbedingungen haben sich ja bereits andere Blogs und Foren unlängst ausgelassen, darüber schreibe ich deswegen nichts.

Zuerst haben wir (meine Frau und ich) am Samstag an einer privaten Demorunde Spherechild direkt beim Autor Alexander Hartung teilgenommen – obwohl vier Plätze frei waren, waren wir die einzigen, die sich angemeldet hatten. Das Besondere an Spherechild ist das Konzept, dass jeder Spieler mehrere Charaktere auf unterschiedlichen Welten führt, welche mental miteinander verbunden sind. So hatten wir jeweils einen Charakter auf einer Fantasywelt und einen auf einer Jetztzeit-Welt. Erstere ist hierbei keine „klassische“ Welt mit Elfen, Zwergen, Halblingen etc., sondern ist von kreativen und ungewöhnlichen Rassen bewohnt, wie großen Vogelwesen mit Paladinallüren oder unterirdisch lebenden, echsenähnlichen Zweibeinern. Auf der Jetztzeit-Welt kamen aus Menschen und Außerirdischen künstlich erzeugte Klonwesen zum Einsatz, die sich mit Hilfe ihrer gestaltswandlerischen Fähigkeiten gut unter den Menschen verbergen können.

Der Clou an diesem Setting ist, dass die Herausforderungen, welche der Spielleiter für die Spieler parat hält, in der Regel nur dann gelöst werden können, wenn die Charaktere auf den verschiedenen Welten im Rahmen ihrer Möglichkeiten zusammenarbeiten. Zu diesem Zweck gibt es ein „übergeordnetes Böse“, welches die Welten als Ganzes bedroht.

Diese böse Macht ist als einzige in der Lage, kleinere Gegenstände von der einen in die andere Welt zu transportieren. So entdeckten unsere Jetztzeit-Helden archaisch wirkende Artefakte, welche magische Effekte hervorrufen konnten und somit nur auf der Fantasywelt, wo Magie alltäglich ist, hätten hergestellt werden können. Also mussten unsere Fantasyhelden den Schmied und den Magier ausfindig machen, um den Namen ihres Auftraggebers zu erfahren, den wir dann wiederum in der Jetztzeit-Welt stellen mussten. So springt man gemütlich zwischen den Welten und den Genres hin und her.

Das Regelsystem erinnert vom Grundprinzip her ein wenig an D20 – man würfelt einen W20, addiert einen gewissen Bonus und muss einen vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeitsgrad übertreffen. Der Schaden wird dann allerdings generell mit einem oder mehreren W6 ausgewürfelt und um einen Rüstungsschutz verringert. Mehr kann ich zum Würfelsystem nicht sagen, aber es funktionierte einigermaßen schnell. Ob es darauf aufbauend spezielle Manöver gibt, oder so viele Möglichkeiten, Boni zu addieren, dass es wie bei D20 dann wieder schnell unübersichtlich wird, kann ich nicht sagen. Das Magiesystem basierte in der Demorunde auf festen Zaubern, allerdings soll es sehr flexibel sein, da sich der Magier spontan für Wirkung, Reichweite, Einflussbereich und ähnliche Faktoren entscheiden kann, und davon der Schwierigkeitsgrad des Zaubers abhängt.

Im großen und ganzen hat uns das System sehr gut gefallen, insbesondere das innovative Konzept mit den verschiedenen Welten und die ungewöhnlichen Rassen der Fantasywelt wussten zu gefallen. Schwer vorzustellen ist für mich noch, wie man als Spielleiter Abenteuer strickt, die auch das Wechseln der Welten bzw. der Charaktere notwendig machen, aber hierfür gibt der Autor im Buch einiges an Hilfestellung. Außerdem soll noch in diesem Jahr ein erster Kampagnenband erscheinen, und zur nächsten RPC soll als dritte Welt eine Science-Fiction-Welt herauskommen.

Am Sonntag habe ich dann auf dem Stand von Ulisses an einer Demorunde Lugg und Trug teilgenommen, dem neuen Abenteuerspiel, welches der Verlag jüngst herausbrachte. Es handelte sich um ein kurzweiliges Abenteuer, bei dem eine bunt zusammengewürfelte Gruppe „Helden“ auf eine wirre Fahrt auf einer Eisscholle den Berg hinab überstehen musste. Zwar war es für mich als Rollenspieler am Anfang eher schwierig, auf die eingeschränkten Wahlmöglichkeiten innerhalb des Spiels reduziert zu werden, aber wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, macht das Spiel unheimlich Laune. Man benutzt einen Würfelpool von W6, alle 5er und 6er zählen als Erfolg. Da man normalerweise eine ganze Menge an Würfeln zur Verfügung hat – mein Zwerg hatte bis zu 12 – kann man damit schon das ein oder andere anstellen: so flogen die Würfel, Schicksalspunkte und Yeti-Eisgolems nur so durch die Gegend. Nach einer kurzweiligen und lustigen Stunde hatten wir dann den zu einem Minotaurus verwandelten Dachdeckersohn Helmut (brillant dargestellt von unserem Spielleiter Tobi vom Ulisses-Team) gerettet und konnten unserer Wege ziehen. Das Spiel gibt es für €9,95 und ist eine gute Unterhaltung, wenn man mal gerade keine Lust auf Rollenspiel hat oder eine Geschenk für einen Neffen braucht, den man mit dem Virus infizieren will.

Bei meinem weiteren Streifzug durch die Hallen bin ich dann auf den österreichischen Stand von Finsterland aufmerksam geworden. Hierbei handelt es sich um ein Steampunk-Rollenspiel – ein Genre, mit dem ich bisher keinerlei Erfahrung hatte. Statt im viktorianischen England spielt Finsterland in einer eigens kreierten Welt, welche viele Ideen und Einflüsse aus dem deutschen, österreichischen und tschechischen (und mit Sicherheit noch ein paar anderen) Kulturkreis und deren Geschichte nimmt. Obwohl die Demorunden wohl restlos überlaufen waren, hat mich Stefan noch in eine der Runden mit aufgenommen (noch mal danke dafür!). Wir spielten ein Detektivabenteuer an Bord eines Luftschiffes – ein inkognito reisender Geheimrat wurde ermordet und wichtige, weil streng geheime Militärdokumente wurden entwendet.

Das Abenteuer gab einen groben Einblick in das Würfelsystem sowie in die Welt von Finsterland. Das System selbst basiert auf einem Pool von W10, wobei alles ab einer 7 als Erfolg gewertet wird. Die Anzahl der Würfel, die geworfen werden, setzen sich immer aus einem Attribut und einer Fertigkeit zusammen und variierten in unserem Spiel zwischen einem und vier, wobei ein Erfolg meist ausreicht. Nur beim Kampf ist der Pool etwas größer, weil hier die Erfolge von Angreifer und Verteidiger gegeneinander aufgerechnet werden. Magie funktioniert mittels fester Zaubersprüche und Magiepunkten.

Auch einen Einblick in die Welt von Finsterland zu gewähren hat das Abenteuer gut hinbekommen, was man insbesondere an den Schwierigkeiten der Spieler merkte, sich die ganzen osteuropäisch und russisch anmutenden Namen zu merken :-). Spielleiter Stefan hat es auf jeden Fall gut geschafft, den ganzen mehr oder weniger verdächtigen Erste-Klasse-Passagieren ihr eigenes Leben einzuhauchen. Was die Runde für mich als Steampunk-Laie nicht ganz geschafft hat war, das herauszuarbeiten, was dieses Genre von anderen unterscheidet – im Grunde genommen hätte das Abenteuer, abgesehen von dem Luftschiff, auch in anderen Welten spielen können. Darüber hinaus habe ich aber absolut nichts zu meckern. Es gibt zur Zeit ein Grundregelwerk und ein Zauberkompendium, beides für 25€ zu haben. Wohl noch in diesem Jahr erscheint zusätzlich das Technikkompendium – also wohl genau der Band, dessen Inhalt mir persönlich bei der Demorunde gefehlt hat.

Zu guter Letzt wollte ich dann auch noch Savage World Rippers ausprobieren, allerdings waren alle Spielsitzungen bereits voll, außer einem einzelnen Platz um 17 Uhr. Leider konnten wir erst mit akademischer Verzögerung von einer Viertelstunde starten, und da um 18 Uhr die Hallen schlossen, hatte der Spielleiter den Turbo eingeschaltet. Nach Auswahl der Charaktere wurden wir kurz mit der Ausgangssituation vertraut gemacht, dann kam es zu einem kurzen Kampf, in welchem jeder von uns zwei Mal zum Zuge kam, bevor mein Büchsenschütze das Monster mit einem Blattschuss besiegen konnte. Dadurch hatten wir leider nur einen sehr oberflächlichen Einblick in das Kampfsystem von Savage Worlds bekommen, ohne wirklich etwas über die genaueren Hintergründe und Besonderheiten dieses Settings zu erfahren – und das war eigentlich eher das, was mich interessierte. Zwar war der Spielleiter sehr bemüht, aber aufgrund der kurzen Zeitspanne war dies die mit Abstand unbefriedigendste Spielsitzung der vier.

Alles in allem zwei sehr gelungene und spaßige Tage, die mal wieder gezeigt haben, dass man auch mal über den Tellerrand hinausschauen und Dinge spielen sollte, die man eigentlich nicht auf dem Schirm hatte, um so die ein oder andere Perle zu entdecken.